Fragt sich Thorsten Wittke. Er antwortet damit auf Jule Blogts Beitrag: Wie gehen Männer eigentlich mit Kritik um?
Warum tappe ich immer wieder in die gleiche Falle? Der Haussegen hängt schief. Sie hat den Raum verlassen, steht in der Küche und teilt mir ihren Gefühlszustand mit, in dem sie die Schranktüren lauter knallt als sonst. Ich bin offensichtlich ein Nörgler, dem man es einfach nicht Recht machen kann, der nicht die richtigen und der Situation angemessenen Worte findet, von Wertschätzung noch nie etwas gehört und sowieso keine Ahnung hat. Es fehlt nur noch, dass die Beziehung in Frage gestellt wird oder dass ich mir den Vorwurf anhören muss, ich wolle alles kontrollieren und meine Partnerin fremdsteuern. Ich weiß, dass sie so lange mit den Schranktüren knallen wird, bis ich in die Küche komme und das Gespräch wieder aufnehme. Ich kenne ihre Art, mich dabei anzuschauen und auf eine Antwort zu warten.
Dabei habe ich doch nur helfen und eine an mich gestellte Frage beantworten wollen. Ich bin ein sehr aufmerksamer Beobachter und hatte bereits im Grundschulzeugnis stehen, dass ich Zusammenhänge schnell erfassen und wiedergeben kann. Ich bin belesen, habe eine breite Ausbildung und eine Menge Erfahrungen im Laufe meines Lebens gemacht, sowohl gute als auch schlechte.
Ich bin ein Mann und Männer sind zielorientiert
Das ist vermutlich einer der Gründe, warum bei mir spät abends das Telefon klingelt und Freunde anrufen und mich nach meiner Meinung oder meinem Rat fragen. Ich habe die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen und wenn ich keine Ahnung vom Thema habe, enthalte ich mich auch mal der Antwort. Wenn überhaupt, versuche ich meine Lebenserfahrung einzubringen und zu sagen, wie ich es angehen würde. Was der oder die andere daraus macht, ist dann deren Sache und ich bin nicht beleidigt, wenn mein Rat am Ende nicht umgesetzt wird. Damit fahre ich eigentlich sehr gut und dass immer noch Leute bei mir anrufen, zeigt doch, dass mein Weg so verkehrt nicht sein kann.
Warum gelingt das dann nicht zu Hause? Warum denke ich ganz oft, dass ich besser den Mund gehalten und meine Meinung für mich behalten hätte? Es ist jetzt nicht so, dass ich die Dinge daheim anders angehen würde. Problem anhören, darüber nachdenken, Meinung dazu abgeben. Das ist in meiner DNA so verankert. Ich bin ein Mann und Männer sind zielorientiert. Mich interessiert nicht die grüne Wiese mit den Blumen drauf, sondern ob noch ein Platz frei ist auf den Bänken des Biergartens, der sich auf der Wiese befindet. Die Wiese und die Blumen genieße ich, wenn ich sitze und ein Getränk vor mir steht.
Wenn ich also zu Hause um Kritik oder Problemlösungen gebeten werde, dann gebe ich meinen Senf dazu. Ich fasse nicht erst zusammen, was bei mir angekommen ist, erwähne noch, was alles ganz toll ist, um dann weichgespült zu antworten, was man anders oder vielleicht besser machen könnte. Ich bringe es lieber auf den Punkt, mit klaren, einfachen Worten. So wie es unter erwachsenen Menschen, die einander lieben und vertrauen, eigentlich sein sollte. Den anderen, schwierigen Weg, habe ich mir für kleine Kinder reserviert.
So war es in ferner Vergangenheit und führte nahezu täglich zu Konflikten auf der heimischen Couch. Aber Mann ist ja lernfähig. Also habe ich mich fortgebildet, mit der Lektüre der Bücher des Ehepaars Pease, des Dalai Lama und den Ratschlägen von Rosenberg zum Thema gewaltfreie Kommunikation. Geholfen hat das nur bedingt – oder die Lehren gelten scheinbar nicht in Paarbeziehungen.
Auch meine Erklärungen, dass es doch nur um die Sache geht und niemals persönlich gemeint ist, kommt auf der anderen Seite nicht an. Es erschließt sich mir einfach nicht, warum und wie aus einfachen Gesprächen existenzielle Grundfragen werden können und warum am Ende eigentlich immer ich der Arsch bin. Absurd wird es dann, wenn eine Beziehung mit der Begründung, ich bin nicht stark genug für dich, beendet wird.
Manchmal wünsche ich mir, einfach nicht mehr gefragt zu werden, keine eigene Meinung zu haben, oder diese einfach für mich zu behalten. Dann wäre mein Leben einfacher, aber dann wäre ich nicht mehr ich und verbiegen mag ich mich nicht. Das kann auch nicht Sinn und Zweck der Veranstaltung sein. Also suche ich weiter nach einem Mittelweg, höre aktiv zu, versuche Verständnis aufzubringen und hoffe, dass meine Partnerin ebenfalls irgendwann diesen Punkt erreicht. Eigentlich könnte es ja ganz einfach sein, wenn beide sich ein wenig bemühen, aufeinander zu gehen und nicht immer alles persönlich nehmen würden.
Es ist also ein guter Moment, die Couch zu verlassen, in die Küche zu gehen und einen ersten Schritt auf sie zu zumachen und die Antwort zu geben, auf die sie wartet.