Die Liebe schreibt die schönsten Geschichten – und die traurigsten. Aber sind Märchen in der heutigen Zeit vielleicht doch eher kurze Kapitel?
Es war einmal… an einem Samstagabend im April. Wenn eine Liebesgeschichte wie ein modernes Märchen beginnt – und leider auch endet, dann gibt es meistens kein Happy End. Jedenfalls keines, das mit “Und wenn sie nicht gestorben sind” endet. Und das ist umso trauriger, weil wir dringend mehr Happy Ends brauchen. Wie sollen wir sonst weiter an die einzig wahre Liebe glauben?
Als ich meinen persönlichen Prinz Charming das erste Mal sah, war es innerhalb weniger Minuten um mich geschehen. Ich habe gefühlt noch nie etwas so Faszinierendes gesehen. Sein schelmisches Grinsen und seine Grübchen brannten sich direkt in mein Gedächtnis.
Kennengelernt hatten wir uns bei Tinder. Ja. Tinder. Ich hatte mich kurz vorher getrennt und wollte mich ein wenig ausprobieren. Schnell hatte ich die ersten Matches und er war eins davon. Ich kam an jenem Samstagabend vom Babysitten und er war mit seinen Kumpels unterwegs. Spontan hatten wir uns verabredet und trafen uns U-Bahn Borgweg. Nachts um 23:00 Uhr. Es war der 25. April 2015.
Was danach folgte, war genau so verrückt wie absehbar. Wir gingen spazieren, tranken Cocktails, er nahm meine Hand, entführte mich in sein schickes WG-Zimmer und wir hatten den besten Sex, den ich jemals hatte. Ich schlief ein und wachte am nächsten Morgen entspannt und ziemlich verwirrt-glücklich auf. Die Stimmung war gut, er machte Frühstück, ich ging duschen. Wir saßen mit seinen Mitbewohnern am Tisch und anschließend verließen wir gemeinsam das Haus. An der Bahn holte mich dann die Realität ein: Eine Umarmung war alles, was es zum Abschied gab. Und an dieser Stelle hätte ich mein Märchen einfach beenden sollen.
Aber ich konnte nicht anders, als das Drama zu provozieren: Wir trafen uns wieder. Und wieder. Einmal die Woche. Drei Monate lang. Und wir hatten Dates, die ich so noch nie erlebt habe. So normal, so einfach und gleichzeitig so besonders, dass ich sie wahrscheinlich genau so wenig vergessen werde, wie seine Grübchen. Kochen, scherzen, nackt in der Küche tanzen, Sonnenuntergänge an der Alster; Wir haben das Leben ausgeschaltet und uns einfach fallen lassen, sobald wir zusammen waren. Bis auf den “Abschiedsdämpfer” nach jedem Date, denn es gab nie mehr als eine Umarmung, war es fast zu schön, um wahr zu sein.