Wie es ist, die große Liebe zu verlieren. Und warum genau das manchmal das Beste ist, was passieren kann
Da ist er: der Moment, vor dem ich immer Angst hatte. Der Moment, vor dem ich mich mehr gefürchtet habe, als vor allem anderen. Dieser eine Moment, in dem aus dem Herz in meiner Brust eine Müllhalde wird. Das war’s dann mit mir und der Liebe. Pech gehabt – denn meine große Liebe hat mich gerade verlassen. Ich laufe nach Hause, es ist mitten in der Nacht, ich kann nicht mal heulen. Damit fange ich erst am nächsten Tag an, als ich begreife, was da passiert ist. Und höre lange nicht mehr auf.
Das alles tippe ich zwei Jahre später. Und sage heute: Das war das Beste, was mir passieren konnte.
Die erste Zeit
Die erste Zeit danach: ein Taumel, ein Alptraum, reden wir nicht darüber. Sagen wir mal so: ich habe sehr viele Lieferdienste ausprobiert und den Namen des Mannes kann keine meiner Freundinnen mehr hören.
Dann folgte die Ausgeh- und Dating-Zeit. Gefolgt von der „Ich lasse niemanden je wieder an mich ran“-Zeit. Es stimmt nämlich nicht, was in Trennungs-Ratgebern steht. Das ist alles Unsinn. Es gibt keine fünf Phasen. Es gibt hunderte. Und alle wechseln sich ab und haben unzählige Namen. So viele unterschiedliche, wie es Menschen gibt. Bei mir hießen sie eben so. Und am Ende stand dann die „Ich habe jetzt fast ein Jahr wegen dir geweint, dann habe ich eben keine Beziehung mehr, sondern Freunde, meinen Job und andere schöne Dinge“-Phase.
Und dann?
Dann kam eben das Leben. Freunde, Urlaube, die eine oder andere Bekanntschaft. Verliebt habe ich mich nicht so richtig. Na gut: Manchmal habe ich ein wenig geschwärmt. Nach einiger Zeit hatte ich sogar das Gefühl, mich verliebt zu haben. Aber Liebe? Dieses tiefe, warme Gefühl? Das stellte sich nicht mehr ein.
Das war am Anfang schwer. Es hat mich oft traurig gemacht. Und mir oft auch Angst gemacht. War ich jetzt eine von denen, die ihre große Liebe verloren haben? War es das dann mit der Liebe, für immer? Hatte ich quasi schon den Herzens-Erfolg meines Lebens gefeiert? Ich versuchte, mich damit abzufinden. Was sollte ich auch sonst machen? Und dann passierte etwas. Etwas ziemlich Großartiges.
Kein Happy End
Vielleicht erwarten Sie jetzt an dieser Stelle, dass ich Ihnen erzähle, dass ich ihn doch traf, den Mann, der das alles relativierte. Der mich davon überzeugte, dass nach der großen Liebe die noch größere kommt und so weiter. Was aber passierte, war viel, viel besser: Ich traf andere Männer. Männer, in die ich mich schlussendlich doch verliebte. Diese Liebe war und ist ganz anders als jene, die ich spürte, als ich davon sprach, dass das jetzt die große, die ganz, ganz große Liebe ist.
Aber wissen Sie was? Sie ist trotzdem genauso toll. Weil es eben nicht nur diese eine Liebe im Leben gibt. Sondern ganz viele unterschiedliche. Und die sind nicht klein, sondern haben alle bloß unterschiedliche Formen. Man kann sie vielleicht wiegen und messen und sezieren – aber wer will das denn schon. Ich jedenfalls nicht.
Beide Männer haben mich glücklich gemacht. Auf ihre Weise. Die eine Beziehung war ruhiger, die andere lustiger. Aber: ich habe wieder geliebt. Und ich habe die große Liebe verloren und überlebt. Ich habe überliebt. Ich lebe, ich tanze, ich lache, ich liebe noch. Und ich höre damit nie wieder auf. Versprochen.